Ein Interview rund um Druck im Sport
Eine Schülerin hat mich im Rahmen ihres Praxiskurs im Leistungskurs Sport zu dem Thema „Druck im Sport“ interviewt.
Meine Antworten teile ich hier mit euch.
Welches sind entscheidende Unterschiede zwischen dem Team- und Einzelsport , auch im Bezug auf den Druck?
Prinzipiell gilt: Jeder geht mit Druck anders um. Jeder definiert auch Druck anders. Man spricht hier von Resilienz, wenn ich Stress und Drucksituationen widerstandsfähiger gegenüberstehe.
Erst mal ganz offensichtlich, im Einzelsport geht es nur um mich. Ich versuche alles, um an einem bestimmten Tag meine beste Leistung abzurufen und zu zeigen. Ich bin während des Wettkampfs nur für mich selbst verantwortlich.
Im Teamsport sind mehrere Sportler und Sportlerinnen involviert. Das können zwei sein – wie in einem Tennis Doppel – oder 11 oder mehr wie in einem Fußballspiel. Hier versuchen die Sportler und Sportlerinnen alles, um zum einen ihre persönlich beste Leistung zu zeigen, aber auch eine Leistung, die als Team die stärkste ist. Es gibt den schönen Spruch „Die besten und stärksten Spieler ergeben nicht zwangsläufig das beste und stärkste Team“.
Viel wichtiger ist: Sie müssen in der Dynamik zusammenpassen, sie müssen sich in ihren Stärken und Schwächen ausgleichen, sie müssen harmonieren, sich aber auch gegenseitig challengen und für den anderen auch mal einstehen. Und vor allem sollten sie eine gemeinsame Vision verfolgen, für welche sie täglich oder regelmäßig trainieren.
In Bezug auf den Druck kann ich es folgendermaßen differenzieren:
Der Druck von außen – wenn man jetzt vom Profisport ausgeht, ist enorm – egal ob Einzelsport oder Teamsport. Je populärer die Sportart, desto größer auch oft der Druck. Fans und die Presse können durch öffentliche Kommentare sehr viel Druck in einem Sportler auslösen. Aber auch Sponsoren und die Team-/Vereinsleitung können für den Druck verantwortlich sein – wenn auch meist unterbewusst. Als Profisportler weiß ich, dass jeder Sieg und jede Niederlage Einfluss auf die finanzielle Unterstützung haben kann und oft auch hat. In manchen Sportarten oder unteren Ligen geht es oft auch um die Existenzsicherung. Gerade jungen Athleten und Athletinnen oder Sportler und Sportlerinnen aus Randsportarten sind z.B. auf die Unterstützung der Sporthilfe angewiesen. Dafür müssen aber natürlich bestimmte Kriterien erfüllt werden.
Auch Faktoren aus meinem Alltag können eine Belastung darstellen. Ich bin ja nicht nur Sportler. Wenn ich z.B. in der Schule, im Beruf oder in der Familie schwierigen Anforderungen gegenüberstehe, dann kann es dazu führen, dass ich diesen Druck mit in den Sport nehme und daher nicht meine Leistung abrufen kann.
Nicht zu vergessen: Trainingsumfängen, Trainingsintensitäten, denen ich nicht gewachsen bin, die mich überfordern, können zu einer Belastung führen.
Das sind jetzt pauschale Erklärungen für den Druck von außen, die für den Einzel- und Teamsport zutreffen.
Für Teamsportler ist der Faktor Konkurrenz im Team noch zu erwähnen. Stammspieler z.B. müssen sich immer darauf einstellen, dass sie ihren Platz verlieren und der Nachwuchs z.B. nachrutscht. Aber auch das gilt in gewisser Weise für Einzelsportler – z.B. Mitglieder des Nationalkaders. Auch als Einzelsportler laufe ich Gefahr, dass ich ersetzbar bin und wie im genannten Fall des Nationalkaders von jemand anderem abgelöst werde, der mein Land auf nationalen und internationalen Wettkämpfen vertreten darf.
Was Teamsportler definitiv von Einzelsportlern unterscheidet, ist, wie eingangs gesagt, die Tatsache, dass ich nicht nur für mich selbst sondern vor allem auch für die Teamleistung verantwortlich bin. Ich muss am Tag X die persönlich beste Leistung zeigen, die dem Team (!) am meisten hilft, erfolgreich zu sein.
Der Druck von innen ist gilt auch wieder für Einzel- und Sportler. Wir sind oft unser größter Kritiker und wollen uns stetig steigern. Wir setzen uns Erwartungen, die wir erfüllen wollen. Wir entscheiden über unseren Erfolg und Misserfolg.
Aber Druck muss nicht immer etwas Negatives sein. Ein gesunder Konkurrenzkampf z.B. sichert die Leistungsfähigkeit und hält die Motivation oben. Als Sportler oder Sportlerin sollte ich einen leichten Druck spüren, der aber als Antrieb wahrgenommen wird und verhindert, dass ich mich auf meinen bisherigen Erfolgen und Leistungen ausruhe, sondern immer weiter an mir und meiner sportlichen Leistung arbeite.
Was löst Druck durch Familie, Freunde, Eltern und Schule bei SportlerInnen aus?
Auch hier gilt wieder: Jeder Sportler, jede Sportlerin wird eine individuelle Auswirkung spüren.
Viele Sportler brauchen sogar einen gewissen, zum Teil auch hohen Druck, um ihre 100% Leistung zu zeigen. Erst wenn sie merken, was sie zu verlieren haben, kommen sie voll auf Touren und befinden sich im Angriff-modus. Nach dem Motto „dem zeige ich es heute“.
Andere Sportler hingegen lassen sich von Druck eher einschüchtern. Er löst dann Gefühle wie Nervosität oder auch Angst aus.
Auf körperlicher Ebene kann das z.B. zu einem höheren Puls führen, zu einem Zittern, zu Verspannungen – da die Schultern beispielweise zu hochgezogen sind.
Auf kognitiver Ebene kann es zu Konzentrationsverlust kommen, da die Gedanken immer wieder um das kreisen, was auf dem Spiel steht, was ich verlieren könnte, wenn ich nicht meine Leistung zeige. Ich bin mit meinen Gedanken eher bei den Erwartungen der Familie, Eltern, Schule etc und überlege, wie ich denen gerecht werden kann. Ich lasse mich somit von außen steuern und verliere meinen Fokus, den ich natürlich benötige, um meine Leistung auf den Punkt genau abrufen zu können. Meine Gedanken und somit dann auch meine Gefühle sind negativ und das wirkt sich dann auch leistungshemmend auf meine Handlungen aus. Ich bin quasi blockiert – eingeschränkt meine eigentliche Leistung zeigen zu können.
Wodurch wird dieser Druck ausgelöst ?
Es ist ein Teufelskreis, denn der Druck von außen suggeriert mir, „dass ich nicht gut genug bin“, „dass ich mich verbessern muss, da ich sonst irgendetwas verliere“ usw. Wenn ich das als meine Wahrheit nehme, dann entwickle ich die dazu passenden negativen Gefühle und spiegle es in meinen Leistungen wider. Damit habe ich dann die Bestätigung, dass ich nicht gut genug bin. Das wirkt sich natürlich auch dementsprechend auf mein Selbstvertrauen aus, welches dann immer mehr und mehr abnimmt.
Wann kann Druck im Bezug auf Sport ausgelöstlangzeitige Folgen haben?
Wenn er langanhaltend ist und ich als Sportler oder Sportlerin keinen Weg finde, damit umzugehen – um den vorhin angesprochenen Teufelskreis zu verlassen.
Kann der Sport selbst die Ursache für den Druck sein?
Der Sport an sich, ist erst einmal neutral. Es sind die Rahmenbedingungen, das Umfeld, die den Druck auslösen. Beispielsweise die Vereins-/& Verbandsstrukturen, die Werte und Mentalität, die dort gelebt werden. Dann natürlich auch die Einstellung der Trainer und Trainerinnen. Wie gehen diese mit den Sportlern um? Schaffen sie es, externen Druck zu nehmen oder bauen sie weiteren Druck auf? Hier spielt Empathie & emotionale Führung eine ganz große Rolle.
Was sind Folgen von psychischer Belastung im Sport? Müssen diese manchmal sogar therapiert werden?
Psychische Belastungen können in Bezug auf die sportliche Leistung zu einem Leistungsabfall, zu einer Demotivation, Lustlosigkeit oder zu einem Drop-Out des Sportlers führen.
Auf körperlicher Ebene kann es zu Beschwerden wie Kraftlosigkeit, Rückenschmerzen, Magen-Darm-Problemen oder Herz-Kreislauf Beschwerden kommen. Möglich sind auch Infektanfälligkeiten und häufige Verletzungen.
Auf psychischer Ebene definieren sie sich beispielsweise zu anhaltender Müdigkeit oder innerer Leere. Diese Verstimmungen können z.B. auch Anzeichen einer Depression sein. Weitere Folgen können Schlafstörungen sein, aber auch Angst- und Zwangsstörung, Essstörungen oder Suchtkrankheiten. Sogar bis hin zu Suizid leider.
Hier gilt das gleiche wie außerhalb des Sports: Sobald ein Leidensdruck bemerkbar wird, ist eine Therapie ratsam. Hier sollte kein Unterschied zu körperlichen Verletzungen gemacht werden. Nach einem Bänderriss gehe ich zur Physiotherapie und lasse mich von Experten behandeln. Bei psychischen Belastungen, die Auswirkungen auf meine Leistungsfähigkeit haben, sollten sich Sportler & Sportlerinnen an einen Psychotherapeuten wenden.

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